Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Herbstwald
Bildrechte Nicole Stabler

Gott hat seine Welt für uns Menschen großartig gemacht. So berichtet der Schöpfungsbericht, dass jede Schöpfungstat einzigartig ist: „Und Gott sah, dass es gut war.“

Gott gliedert sein Schöpfungswerk in vier traumhafte Jahreszeiten. Den Frühling, an dem alles zu neuem Leben erwacht; die Tiere, die Pflanzen, die Menschen. Die Natur erwacht aus dem Winterschlaf, das Leben beginnt neu zu sprießen und zu erblühen. Dann der Sommer: die Jahreszeit für die Menschen, die das Freie lieben, die Strahlen der Sonne, die Wärme, ja den Genuss der Natur in Gottes großem Garten, seiner Schöpfung. Und dann der Winter, in dem alles zur Ruhe kommt, bis es im Frühling zu neuem Leben erwacht. Besonders herausgreifen möchte ich die Jahreszeit „Herbst“.

Als ich diesen Artikel schreibe, ist Hochsommer. Dieses Jahr mit viel Regen, der alle Pflanzen bis ins unendliche sprießen und grünen lässt. Und dazu viel Unbeständigkeit. Schwüle Temperaturen und Regengüsse wechseln sich ab. Und der Herbst steht vor der Tür. Auch, wenn der Sommer vorbei ist, mit seinem starken Licht und seiner Wärme, hat aber auch der Herbst viel Schönes zu bieten. Nicht von ungefähr spricht man vom „Goldenen Oktober“. Mich fasziniert jeden Herbst, wie sich das Laub färbt, aus grünen Blättern werden goldene. Die intensivste und farbenprächtigste Färbung bekommt das Laub in dieser Jahreszeit. Der Herbst mit seinen unzähligen Farben, die sich in den Blättern spiegeln.

Für viele ist der Herbst besonders auch mit dem Absterben der Natur, ja dem Sterben überhaupt verbunden. Deshalb ist er bei den Menschen die unbeliebteste Jahreszeit. Ganz anders sollte es für uns als Christen sein. Dazu ein Spruch von einem unbekannten Verfasser:

Wenn der Frühling Verheißung ist und der Sommer Erfüllung,
darf ein schöner Herbst als die schönste Gnade Gottes bezeichnet werden.

Dieser Herbstspruch kann auch im übertragenen Sinn gemeint sein, nämlich ein schöner Herbst des Lebens. So oder so dürfen wir dankbar sein über einen schönen Herbsttag. Der Herbst ist mehr als nur eine Jahreszeit des Wandels; er lockt uns zum Innehalten, zum Nachdenken über die Vergänglichkeit und die stetige Erneuerung des Lebens. Mit seinem reichen Farbenspektrum, den kühlen Morgenstunden und dem sanften Fallen der Blätter, bietet er unzählige Momente der Besinnung und der Schönheit. Der Herbst lehrt uns, dass Loslassen zu neuer Schönheit in allen Phasen des Lebens existiert, auch im Vergehen. Ohne Vergehen kein Neuanfang. Ohne festlose Zeit, keine Zeit der überschwänglichen Freude, die uns Gott in der darauffolgenden Weihnachtszeit schenkt.

Und der Herbst mit seiner wunderbaren Zeit der Ernte: Wir feiern Erntedank. An diesem Fest setzen wir die Brille der Dankbarkeit auf und schauen, wofür wir dankbar sind im Leben. Von der Ernte der Felder und der Gärten, sehen wir am Altar einen kleinen Teil, deren Anblick uns erfreuen soll, uns aber auch daran erinnern soll, dass wir verantwortungsvoll mit der Erde umgehen müssen, dass die Ressourcen unseres Planeten endlich sind. Wir fragen uns auch, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Erde bei uns und in anderen Ländern haben wird und was wir tun können, damit weiterhin alle satt werden.

An Erntedank geht es aber auch im übertragenen Sinn darum, Gott dankbar zu sein: was im vergangenen Jahr Gutes geworden ist. Dank vielleicht zunächst und gerade besonders dafür, was zum Alltäglichen und Selbstverständlichen geworden ist. Dank einfach mal dafür, dass es uns gut geht. Dass wir das „tägliche Brot“, um das wir im „Vaterunser“ bitten, im Übermaß von unserem Gott geschenkt bekommen. Und zu diesem alltäglichen Brot gehören viel mehr als Lebensmittel. Lebens-Mittel, das sind Mittel zum Leben. Mittel, die das Leben lebenswert und wertvoll machen. Seien sie ein gutes Zuhause, der Arbeitsplatz, Gesundheit, die Familie, wertvolle Freunde, wechselseitige Liebe u. v. a. mehr. Der Erntedanktag kann so zu einem Tag werden, an dem wir innehalten und ein besonderes Augenmerk darauflegen, was uns – einfach so und ohne eigenen Verdienst – geschenkt wird, von anderen Menschen und von Gott.

In großer Dankbarkeit blicken wir auf Got­tes unbezahlbares Geschenk zurück, auf dem wir uns aber nicht zurückgelehnt ausruhen dürfen. Nein, die Dankbarkeit ruft zur Verantwortung und Fürsorge um uns und für andere. Lasst uns frohen Herzens mithelfen, wo auch immer unsere Hilfe gebraucht wird. Und lasst uns unseren Dank sagen für die wunderbare Herbstzeit, in der wir die Früchte in mannigfaltiger Weise ernten und einfahren dürfen, die uns unser Gott schenkt. Die Früchte des Feldes, die Mittel zum Leben, die Früchte der Arbeit.

Danken dürfen wir für die Früchte der Arbeit von Frau Dendörfer als Hausmeisterin und Mesnerin und die Früchte der Arbeit von Frau Heinze als Leiterin unserer Kindertagesstätte. Frau Heinze wurde schon in den Ruhestand verabschiedet. Und Frau Dendörfer verabschieden wir im Familiengottesdienst zum Erntedankfest. Auch ich darf meinem Gott ganz persönlich danken für alles, was er mir in reichem Maße hat zukommen lassen, nicht nur im vergangenen Jahr, sondern in all den Jahren meines Pfarrdienstes an der Himmelfahrtskirche.

Ich werde mich im „Gottesdienst für Alle“ am 1. Advent verabschieden. Schon heute dazu ganz herzliche Einladung. Seien sie Gott befohlen.

[Ihr Pfarrer Heiner Glückschalt]