„Karfreitag überwinden“ oder "Ich glaube an das Leben"

Glückliches Kind
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In den Bilden vom Ukraine-Krieg kommt uns die Erfahrung von Karfreitag nah: Verrohung, Verwüstung, Verzweiflung, Tod und Zerstörung. Der vordem bei uns kaum bekannte Ortsname Butscha steht von nun an für die grausamen Morde an ukrainischen Zivilpersonen und an anonymen Massakern an Menschen überall auf der Welt.

Da rumort in mir die Frage: Wo ist Gott da? Oder mit Jesu Worten aus dem Psalm 22, als er am Kreuz stirbt und betet: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?

Am Karfreitag steht das Kreuz im Zentrum, ein grauenhaft sadistisches Folterinstrument: Sinnlose Gewalt damals und heute. Die Passion, das Leiden dauert an. In jedem Unrecht, das einem Kind oder Erwachsenen auf unserer Welt geschieht und das durch nichts zu rechtfertigen ist. Das Leiden dauert an in jedem Tod, der uns einen lieben Menschen nimmt. In jeder Krankheit, die zu tragen und zu ertragen ist.

Wo ist Gott da?

Er ist mittendrin. Das ist die Botschaft von Karfreitag. Pathos, das altgriechische Wort, heißt nicht nur Leiden, sondern auch Leidenschaft. Im Wort Sympathie, das Mitgefühl und Mitleiden bedeutet, steckt es drin. Gott leidet mit.

Er leidet mit in Butscha, in jedem hungernden Kind auf der Welt, in jedem Menschen, dem Gewalt widerfährt, in jeder Leidenden.

Die Passionszeit ist die Zeit, um all das ans Kreuz zu tragen, was schwer zu ertragen ist. Auszusprechen, was Sie bedrückt, anzuklagen und den Schmerz zu spüren. Gott ist da – mittendrin.

Und bleibt nicht stehen. Er nimmt das Leid auf sich und steht auf zu neuem Leben. Nicht Tod und Zerstörung bleiben am Ende, sondern das Leben.

„Ich glaube an das Leben“. Diese Botschaft hineinschreiben in den neuen Frühling, in das neue Osterjahr. Darum geht es an Ostern.

Wie klingt Ihre Osterbotschaft im neuen Jahr? Vielleicht so:

Ich glaube an das Leben, weil jedes Jahr die Natur neu erwacht,
weil ich mit jedem Tag etwas von ihrer Zartheit erleben darf,
weil ich ein Teil davon bin,
weil die Sonne mich wärmt und der Wind mich umstreichelt.

Ich glaube an das Leben, weil die Gewalt nicht das letzte Wort hat,
weil ich jeden Tag etwas Frieden in meine Welt trage,
weil ich jeden Tag Menschliches erlebe,
weil jeder Morgen neue Überraschungen bringt.

Ich glaube an das Leben, weil ich fest auf der Erde stehe und der Himmel über mir weit ist,
weil die Sonne immer wieder aufgeht und neues Licht auf meine Dunkelheiten wirft,
weil meiner Seele immer wieder neue Flügel wachsen.

Ich glaube an das Leben, weil es wieder Maikäfer gibt,
weil Freund:innen mich nicht vergessen und mich tragen in ihren Gebeten,
weil nach Trauer und Schmerz wieder Freude kommt.

Vielleicht haben Sie Lust, Ihre Osterbotschaft für sich aufzuschreiben? Hineinzuschreiben in Ihr Herz, um mit neuer Kraft und Mut, mit neuer Lebendigkeit weiterzugehen? Gott bleibt nicht stehen, er geht weiter. Und Sie mit ihm – frohe Ostern wünsche ich Ihnen!

[Pfarrerin Sarah Fischer-Röhrl]