Grenzenlos hoffen

Berge im Nebel
Bildrechte Simon Berger

November, Nebel, der Sommer schon wieder vorbei. Auch im Kirchenjahr ist der Herbst herausfordernd: Buß- und Bettag, Volkstrauertag und Totensonntag. Eine Aufgabe für manch einen, guter Dinge zu sein und dass der Trauerkloß unter den Monaten November einem nicht zu schwer im Magen liegt oder den Atem nimmt.

Als Pfarrerin höre ich immer einmal wieder: „Sie haben’s ja gut, Sie haben Ihren Glauben“. Das stimmt, denke ich mir dann. Glauben hilft. Hoffen hilft. – Aber sicherlich nicht nur mir, sondern auch Ihnen!

Dass das nicht immer leicht ist, das Glauben, Vertrauen und Hoffen, ist eine Erfahrung, die wir mit den Menschen der Bibel teilen. Der Prophet Jesaja beschreibt es so: Gott hat sein Antlitz verborgen. Dennoch, Jesaja hält fest an seinem Wunsch, auf Gott vertrauen und hoffen zu wollen. „Und ich will hoffen auf den HERRN, der sein Antlitz verborgen hat vor dem Hause Jakob, und will auf ihn harren.“ (Jes. 8,17)

Ausharren kennen wir nach den vergangenen fast drei Jahren mit Lockdowns gut. Wir alle haben noch einmal neu unsere Werte und Prioritäten überprüft. Was ist mir wirklich wichtig. Das wurde manch einem klarer in der Zeit, in der wir mit Homeoffice, Quarantäne, Homeschooling und Kontaktgeboten zu mehr Innehalten gezwungen wurden. Von Vielen habe ich gehört: Den Kontakt zu meiner Familie werde ich mir nie wieder so einschränken lassen. Von manch einem kam Kritik an dem, wie wir als Kirche und Gesellschaft mit der Pandemie umgegangen sind.

Kritik, Pandemie, Krieg – Was uns als Christen bleibt ist Hoffen, glaube ich. Da bin ich tatsächlich hoffnungslos hoffend. Wenn wir hoffen, geschieht nie nichts! „Durch Stillesein und Vertrauen würdet ihr stark sein“, schreibt Jesaja an anderer Stelle (Jes. 30,15).

Hoffen verändert meinen Blick, mein Herz und auch unsere Welt.

Hoffnung ist etwas anderes als Erwartung. Erwarten kann man auch etwas Schlechtes, einfach, weil es Anzeichen dafür gibt. Wenn Wolken aufziehen, kann man Regen erwarten. Oder viele erwarten, dass die Zeiten härter werden. Hoffen tun wir das aber nicht. Hoffnung ist positiv. Selbst im ganz Schlimmen, wenn das Negative sich so aufdrängt, dass die Hoffnung nur noch wie ein kleiner Funke erscheint. Aber dieser Funke kann ein Feuer entfachen.

Hoffnung kann verändern, gerade, weil sie auch noch im Aussichtslosen Positives im Blick hat. Deshalb ist Hoffnung so unglaublich wichtig. Hoffnung hält es für möglich, dass es besser werden kann.

Trotz aller Unsicherheit, ob sie wirklich erfüllt wird, die Hoffnung. Während ich bei Wünschen nur sage, was ich gerne hätte, schaue ich beim Hoffen nicht nur auf mich. Ich hoffe auf jemanden oder etwas. Und genau das ist entscheidend. Deshalb verändert sie. Weil sie mir etwas zeigt, worauf ich meine Hoffnung setzen kann. Hoffnung verändert die Sichtweise. Unsere christliche Hoffnung verändert uns, weil sie uns eine neue Sichtweise gibt. Weil sie nicht nur bis zum Horizont sieht, sondern darüber hinaus.

[Ihre Pfarrerin Sarah Fischer-Röhrl]