Christus, der Gärtner

Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, beugte sie sich in das Grab hinein und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo der Leichnam Jesu gelegen hatte. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner […] (Joh.20,11ff)

Ab März beginnt die klassische Gartenzeit im Freiland. Mit den ersten, milden Frühlingstagen erwachen die Gartenpflanzen aus ihrem Winterschlaf. Schneeglöckchen, Krokusse und später auch Narzissen fangen an zu blühen, die Tage werden wieder spürbar länger und wärmer.

Das Johannesevangelium berichtet von der Begegnung Maria Magdalenas mit dem Auferstandenen am leeren Grab, den sie zuerst nicht erkennt und für den Gärtner hält. Diese kleine Verwechslung Maria Magdalenas lädt ein, im  anbrechenden Frühling nach Spuren des Gärtners Jesus in unserem eigenen Lebensgarten zu suchen.

Sich das eigene Leben wie einen Garten vorstellen kann reizvoll und hilfreich sein. Schöne Erfahrungen und angenehme Gefühle können Sie sich einmal vorstellen wie Narzissen oder erste hellgrüne Grashalme. Für schwere Erfahrungen können vielleicht Steine, Wurzeln oder Distelgewächse als Bild stehen. Als Grenze zu den Gärten Ihrer Nachbarn haben Sie vielleicht einen Zaun um Ihren Lebensgarten. Ist er aus Holz oder gemauert, hat er eine Tür oder wie sind Ihre persönlichen Grenzen nach außen gekennzeichnet?

Wie schaut es in Ihrem Lebens-Garten aus, in diesen ersten Frühlingswochen? Liegen die Beete noch unter winterlicher Frostdecke verborgen und Sie sind noch innerlich winterlich zurückgezogen? Oder schauen schon erste Blumenspitzen heraus und Sie strecken sich nach lichtvollen freudigen Oster-Momenten aus?

Vielleicht mögen Sie die Fastenzeit nutzen, die Beete brach liegen zu lassen, damit sie neue Kräfte für den Sommer tanken? Brach liegen lassen heißt etwas bewusst nicht zu machen, im Wissen darum, dass auch dies nötig ist zur Regeneration des Bodens.

Damit sich Ihr innerer Boden erholt, mag das vielleicht bedeuten, das Smartphone ausgeschaltet zu lassen, zumindest vielleicht am Feierabend oder aber auch das Bad einmal nicht zu putzen, auch wenn Freitag Putztag ist. Stattdessen können Sie die Ruhe und Brache bewusst wahrnehmen und hin spüren, ob Sie die Stille genießen oder ob es eher ein Aushalten ist. Falls letzteres zutrifft, wäre es eine Chance, die Brachwochen der Fastenzeit zu nutzen und dem eigenen Boden täglich zehn Minuten zu widmen.

Christus dem Gärtner begegnen – Wie das wohl in diesem Jahr an Ostern für Sie sein wird mit einem so vorbereiteten Boden? Sind Sie bereit, sich in Ihrem eigenen inneren Garten helfen zu lassen. Darf er Neues ansäen und mit seinem Licht und Geist Ihren Garten erleuchten?

Ich glaube, die Figur des Gärtners für Christus ist im Evangelium keinesfalls zufällig. Sie ist vielmehr Ausdruck der Schöpfermacht Gottes, der Leben dort schaffen kann, wo vorher nur Tod und Leere waren. Im Garten werden wir der Kraft des Lebens ansichtig. Wir erkennen, dass wir Teil der Schöpfung sind, wir erleben unsere eigene Abhängigkeit von anderem Leben. Wir erleben aber auch, dass wir eingebunden sind in ein großes Ganzes und dass unser Leben verwoben ist mit anderem Leben, dass wir nicht allein sind. Im Garten erkennen wir die Güte des Schöpfergottes, der alles wohl geordnet hat. Wer den Garten sensibel erlebt, wird fromm und demütig. Im Garten kann man die Liebe zum Leben wachsen, blühen und gedeihen lassen.

Frohe Ostern wünsche ich Ihnen und Freude an und in Ihrem Lebens-Garten!

[Ihre Pfarrerin Sarah Fischer-Röhrl]