Wie wird eine Pfarrstelle besetzt?

Ein Pfarrer wechselt. In eine andere Gemeinde. Oder ein anderes Amt. Eine Pfarrerin geht in den Ruhestand. Wie geht es jetzt weiter? Wer kommt nach?

In unserer Kirche gibt es zwei Verfahren zur Neubesetzung einer Pfarrstelle: Die Wahl des Pfarrers durch den Kirchenvorstand und die Besetzung durch den Landeskirchenrat. Beide Optionen wechseln einander ab: Wurde der bisherige Stelleninhaber vom Kirchenvorstand gewählt, besetzt das nächste Mal der Landeskirchenrat die Stelle.

Frei gewordene oder in Kürze frei werdende Pfarrstellen werden im Amtsblatt ausgeschrieben. Vorher führt der Regionalbischof bzw. die Regionalbischöfin getrennte Gespräche mit den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitgliedern des Kirchenvorstandes.

Dabei kommen die grundlegenden Erfordernisse der Kirchengemeinde in den Blick: Wo liegen bzw. lagen die bisherigen Schwerpunkte? Was läuft und soll fortgesetzt werden? Aber auch: Was soll sich verändern oder verstärkt angegangen werden? Wünsche und Erwartungen an den Nachfolger bzw. die Nachfolgerin werden deutlich und konkretisiert.

Pfarrerinnen und Pfarrer, die mindestens fünf Jahre auf ihrer bisherigen Stelle waren – bei Dienstanfängern nach dem Probedienst genügen bereits drei Jahre – können sich bewerben. Die Bewerbungen werden im Landeskirchenamt gesammelt und gesichtet.

Hat der Kirchenvorstand das Auswahlrecht, so schlägt der Landeskirchenrat dem Kirchenvorstand zwei oder drei geeignete Personen vor. Die Auswahl soll möglichst schnell, auf jeden Fall muss sie innerhalb von zwei Monaten erfolgen. Zu diesem Zweck schwärmen Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher aus und besuchen die Bewerber bzw. Bewerberinnen in ihren bisherigen Gemeinden. Möglichst diskret, hoffentlich. Niemandem ist gedient, wenn die Absicht eines Wechsels zur Unzeit in der Gemeinde publik wird – und dann doch nichts daraus wird.

Die Besucher mischen sich unter die Gottesdienstgemeinde. Sie sehen, hören zu und feiern mit, um einen Eindruck zu bekommen. Ich erinnere mich an eine Dame aus dem Kirchenvorstand meiner ehemaligen Gemeinde: In der Andacht zu Beginn eines Kinderbibeltages lud sie sogar ein fremdes Kind ein, auf ihrem Schoß Platz zu nehmen, um nur ja nicht aufzufallen. Es ist ihr gelungen! Ein anderer parkte sein Auto extra ein paar hundert Meter von der Kirche entfernt. Bis zum Bewerbungs­gespräch war ich davon überzeugt: Niemand hatte mich besucht. Hut ab vor so viel Taktgefühl!

Dann folgt die Wahl. In geheimer Abstimmung. Die außerordentliche Kirchenvorstandssitzung wird in der Regel vom Dekan geleitet. Gewählt ist, wer die Mehrheit für sich gewinnt. Da kann es schon einmal mehrere Wahlgänge dauern, bis sich der Kirchenvorstand auf eine Bewerberin verständigt. Lehnt der Kirchenvorstand alle Bewerber ab, wird die Stelle noch einmal ausgeschrieben.

Liegt das Auswahlrecht beim Landeskirchenrat, entscheidet dieser, wer die Stelle übertragen bekommen soll. Seit acht Jahren hat der Kirchenvorstand auch in diesem Fall ein Mitspracherecht: Die benannte Person wird dem Kirchenvorstand vom Dekan innerhalb von drei Wochen bekannt gegeben und vorgestellt. Hat der Kirchenvorstand schwerwiegende Bedenken gegen die Besetzung, muss sich der Landeskirchenrat noch einmal damit befassen. Er kann dann eine andere Person benennen oder die Stelle erneut ausschreiben. 

Das Auswahl- bzw. Vorstellungsgespräch ist weder ein Verhör noch eine Prüfung. Es ist der Versuch, die gegenseitigen Erwartungen und Vorstellungen aufeinander zu beziehen und so zu einer guten Entscheidung zu kommen.

Und wie ist das bei uns: Was greift für die Besetzung der Stelle von Pfarrerin Hövelmann? Keines der beiden Verfahren! Denn hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Pfarrvikariat. Solche Stellen werden aus­schließlich vom Landeskirchenrat und ohne Mitwirkung des Kirchenvorstands besetzt.

Pfarrvikariate waren in früheren Zeiten fast ausschließlich Dienstanfängern „im Probedienst“ vorbehalten. In überschaubaren Situationen sollte dies einen guten Start in den Beruf ermöglichen.

Das hat sich verändert: Immer mehr Pfarrvikariate werden heute nach anderen Gesichtspunkten besetzt. Von erfahrenen Pfarrern. Und umgekehrt, leider: Stellen, für die sich niemand interessiert, können von „Probedienstlern“ vertreten werden. Die damit oft heillos überfordert sind.

Es ist geplant, Pfarrvikariate in Pfarrstellen umzuwandeln. Auch unser Kirchenvorstand hat diesen Antrag gestellt. Bis zur Umsetzung wird es aber noch dauern.

Das hat auch Vorteile: Bei der Besetzung von Pfarrstellen ist eine Vakanz von sechs Monaten üblich. In dieser Zeit muss die Arbeit von anderen getan werden. Oder sie bleibt liegen. Für Pfarrvikariate gilt diese Vorgabe nicht. Da kann es dann auch mal schneller gehen. Oder besonders lange dauern. Hoffen wir auf das Erste!

[Pfarrer Hans-Martin Köbler]