Pfingsten, die vergessene Festzeit

Viele Farben
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wir als Christen kennen drei wichtige Festzeiten mit den jeweiligen ganz groß gefeierten Festtagen:

Weihnachten, mit dem Heiligen Abend und den beiden Weihnachtsfeiertagen, an denen wir mit großer Freude, meist still und besinnlich, die Geburt unseres Herrn und Heilands Jesus Christus feiern.

Höhepunkt für die Kinder ist der Heilige Abend. Die Heilige Nacht, in der die Freude über die Geburt Jesu mit kleineren oder auch ganz großen Geschenken gefeiert wird und für die Erwachsenen die Feiern der Familien aus nah und fern.

Ostern, in vieler Gedanken ein Frühlingsfest, für uns Christen das Fest nach der Passions- und Leidenszeit, in der wir an das Leiden und Sterben von Jesus denken, die Auferstehung Jesu von den Toten feiern und damit den Sieg über den Tod, verbunden mit dem ewigen Leben.

Pfingsten, das drittgrößte Fest im christlichen Kalender ist vielen weitgehend fremd. Einen gewissen Bekanntheitsgrad hat es lediglich nur noch dadurch, dass Schulferien sind. Die Pfingsttage sind nicht mehr als ein verlängertes Wochenende, an denen man im Frühling Ausflüge machen oder den ersten Jahresurlaub in nahegelegenen südlichen Ländern genießen kann.

Das zeigt auch eine Umfrage, die einmal kurz vor Pfingsten getätigt wurde: „Was genau ist Pfingsten?“ Eine evangelische Religionsgruppe der 9. Klasse antwortete darauf: Vielleicht der Tod Jesu? Seine Heirat? Oder gar seine Geburt?

Übrigens, nur etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland kennt die Bedeutung von Pfingsten, obwohl es sich dabei vor­rangig nicht um Atheisten oder Andersgläubige handelt. Vielleicht liegt das zum Teil daran, dass Feste wie Ostern und Weihnachten, der Beginn und das Lebensende von Jesus, durch Film und Fernsehen viel populärer dargestellt werden. Auch durch Symbole, wie den Weihnachtsbaum oder den Osterhasen sind sie in der Öffentlichkeit, vor allem in den Supermärkten, präsent.

Dabei ist Pfingsten für uns Christen eines der wichtigsten Feste, dessen Bedeutung heute bei vielen ganz unklar ist. Pfingsten ist ein Fest der Freude. Im Griechischen heißt es „Pentekoste“ und bedeutet „Der fünfzigste Tag“. Am fünfzigsten Tag nach Ostern kam der Heilige Geist, den Jesus vorausgesagt hatte.

Der Heilige Geist ist wie eine Taube, die zwischen Himmel und Erde hin und her fliegt. Wie Feuer, das wärmt und in die Dunkelheit leuchtet. Wie Wind, mal stark und kraftvoll, mal sanft und kaum zu bemerken. Und die Farbe des Heiligen Geistes ist rot – wie Energie, Leidenschaft, Dynamik, Liebe.

Im 2. Kapitel der Apostelgeschichte werden die Erfahrungen der Jünger beim Pfingstfest als „Pfingstwunder“ beschrieben. Man hörte ein mächtiges Rauschen, das das ganze Haus, in dem die Jünger waren, erfüllte. Man sah Feuer, das sich zerteilte und auf jeden ließ sich eine Feuerzunge nieder. Alle wurden vom Geist erfüllt und sie redeten in verschiedenen Sprachen.

Später wurde das Feuer als Symbol für den Eifer zum Verbreiten der Botschaft gesehen, die als Geburt, als Gründung der Kirche galt. Auf der Website der Evangelischen Kirche in Hessen heißt es dazu: „Dieser gute Geist bewirkt bei den Menschen auch heute neue Kraft, neuen Mut.“ Allen voran waren die Jünger von diesem Heiligen Geist so erfüllt, dass sie Gottes frohe Botschaft voller Freude, Mut, ja Übermut hinaustrugen auf die Straßen. Von großer Bedeutung ist hier sicher auch die Symbolik: „Wer sich vom Geist Gottes ergreifen lässt, wird aufgerüttelt, wird befreit von Angst, findet Mut seinen Glauben nicht für sich zu behalten und zu leben, sondern anderen davon zu erzählen, sie anzustecken in Wort und Tat.“

Voller Begeisterung, angetan von der großartigen Liebesbotschaft Gottes, war sicherlich der Apostel Paulus, der davon nicht nur in seinem Freundes- und Bekanntenkreis berichtete, sondern sich aufmachte hinaus in die Welt. Davon berichten seine Missionsreisen mit der Gründung zahlreicher Gemeinden.

Eine berechtigte Frage: Wie ist es denn mit dem Mut und der Freude heute bestellt, wenn es um das „Leben“ der frohmachenden Botschaft des christlichen Glaubens geht? Wo ist denn heute die christliche Glaubensfreude, Überschwänglichkeit, die andere ansteckt, wie es nach dem Pfingstereignis bei den Jüngern damals der Fall war?

Manchmal, und da glaube ich nicht zu übertreiben, trifft zu, was der Philosoph Friedrich Nietzsche einst beobachtet und festgestellt hat: „Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“

In dieser Aussage ist sicherlich manches auch im übertragenen Sinn gemeint. Angesprochen, ist auf den Nenner gebracht, das Reden, Handeln, ja das Auftreten von Christen mit ihrem Glauben an die frohmachende Botschaft. Bleibt nicht oft die frohmachende Botschaft, die Freude am Leben verheißt im Hintergrund zurück? Ich beobachte, dass Menschen von heute oft der Mut fehlt über ihren Glauben zu sprechen. Aber genau das wäre in der jetzigen Zeit vielleicht wichtiger denn je.

Von Christen werden in vielen Belangen, Stellungnahmen und Antworten aus dem christlichen Glauben erwartet. Nicht Stellungnahmen und Antworten, die Angst machen. Ganz im Gegenteil. Wichtig ist, dass Wege im Sinne des Wirkens des Heiligen Geistes aufgezeigt werden. Wege, die Ängste, Bedenken und Vorbehalte benennen, aber nicht bei diesen stehenbleiben. Es müssen Wege sein, die Türen öffnen, die einladen offen von den Taten Gottes zu erzählen, damit die Sache Gottes Menschen entflammt, Grenzen aufzuheben. Dann geschehen neuer Aufbruch, Inspiration, Mut für Neues, ja letztlich Gemeinschaft, die alle untereinander und miteinander verbindet.

Pfingsten, mit der Ausgießung des Heiligen Geistes, lässt sich nicht festhalten, nicht herbeizwingen. Der Heilige Geist wird uns von Gott geschenkt. Er lässt sich nicht „kanalisieren“, kommt oft ganz unverhofft in unser Leben.

„Komm, Heiliger Geist“ singen wir in unseren Gottesdiensten am Pfingstfest. Mein Herzenswunsch, dass dieser Heilige Geist auch jetzt in unseren Herzen und Köpfen wehen möge um Glauben, Mut und Liebe zu entzünden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Pfingstzeit und ein gesegnetes Pfingstfest.

[Ihr Pfarrer Heiner Glückschalt]