Krankenhausseelsorge in Pasing

Ein Bett. Ein Nachtkasten. Ein schmaler Schrank. Ein paar persönliche Sachen sind mit dabei. Eingeschränkt ist der eigene Raum mit einem Mal. Immerhin gut: Telefon und Fernseher ermöglichen den Bezug zur Außenwelt. Plötzlich oder zu einer geplanten Behandlung befindet man sich im Krankenhaus. Manche Patient/innen werden am nächsten Tag schon wieder nach Haus entlassen, einige wenige müssen Monate ausharren.

Fakten

Die durchschnittliche Verweildauer liegt im Helios Klinikum München West, dem früheren Pasinger Krankenhaus, bei rund sechs Tagen. Die Akutklinik, in Trägerschaft eines privaten Konzerns, baut ihre medizinischen Angebote in Quantität und Qualität aus. Zusätzlich zu den etablierten Abteilungen, sind 2015 bis 2018 neue medizinische Richtungen entstanden: Akutgeriatrie und Altersmedizin, Hand­chirurgie, Lungenzentrum, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Neuroradiologie. Der Neubau wurde fertiggestellt, ein Brustkrebszentrum zertifiziert, die Helios Privatklinik eingerichtet und die Kreißsäle erweitert. Ein Gebäude für ein modernes Bestrahlungsgerät wird gerade errichtet. Weiteres ist in Planung.

Die Patientenzahlen in der Heliosklinik sind seit 2015 um 25 Prozent gestiegen. Schwierig ist die Personalknappheit in der Pflege, besonders im teuren München. 430 stationäre Betten und knapp 1.000 Mitarbeitende hat die Helios Klinik. Zur evangelischen Klinikseelsorge Pasing gehört auch die Erreichbarkeit für die Frauenklinik München West (Krüsmannklinik), mit 45 Betten.

Der ganze Mensch

Die nüchternen Fakten verraten noch nichts über die Sorgen, beispielsweise um seine Gesundheit, die sich ein Mensch in dem eingeschränkten Raum des Krankenzimmers womöglich macht. Ob es sich nun „nur“ um einen kleinen Routineeingriff handelt, um einen größeren Eingriff oder eine schwere, länger dauernde Erkrankung, kann im Denken und Fühlen für manche seelisch eine Engstelle entstehen, manche Frage und Krise sich auftun. Denn nicht nur um den Körper geht es: So lange das Leben währt, sind Menschen auf der Suche nach dem, was ihr Leben trägt und ausmacht. Darin wollen wir alle wahrgenommen, respektiert und gewürdigt werden. Ganz wichtig sind dabei unsere Beziehungen. Für viele Menschen spielt dabei der Glaube eine wichtige Rolle. Und christlicher Glaube ist Glaube in Beziehung – zu Gott, den Menschen und zu sich selbst (Doppelgebot der Liebe, Markus 12,29–31).

Seelsorge möchte Beziehung und Begegnung anbieten. Und Seelsorge ist Kernaufgabe der Kirche, unter anderem die Krankenseelsorge. Wenn wir in das Matthäus­evangelium schauen, ist der Krankenbesuch für Christen sogar Gottesbegegnung. Bekanntlich spricht der Menschensohn in Jesu Gleichnis vom Weltgericht: „Ich war krank und ihr habt mich besucht.“ (Matthäus 25,36).

#Kirche tut gut daran, Christen in die Institutionen, wie auch die Kliniken, zu entsenden. Wir erreichen dort auch Menschen, die wir in der Gemeinde nicht so leicht oder vielleicht gar nicht erreichen würden.

Die seelsorgliche Haltung

Speziell die Klinikseelsorge möchte für die Patient/innen, die Angehörigen und die Mitarbeitenden da sein, wenn sie ein offenes Ohr für ein Gespräch suchen. Besonders auch, wenn Menschen Begleitung für eine schwere Situation brauchen, wenn sie gerne einen Segen, das Heilige Abendmahl oder die Krankensalbung empfangen möchten. Denen, die in der Klinikseelsorge Dienst tun, ist es dabei ein Anliegen zu schauen, was ein Mensch in seiner Situation seelisch braucht. Heutige Seelsorge zentriert sich auf den Gesprächspartner und vor allem sein Gefühlsleben – mit einer Haltung, die versucht, offen, aufmerksam zuhörend, wertschätzend und annehmend zu sein. Wenn es passt, kann ein biblisches Wort, ein religiöses Symbol, ein Ritual mit Gebet und Segen „ein Fenster öffnen“. Ein andermal hört Seelsorge einfach nur empathisch zu oder ist Lebensberatung. Wo es innerlich eng war, können miteinander neue Perspektiven gesucht werden. „Du, Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum“, heißt es im Psalm (31,9). Dabei gilt: „Um Seelsorge in Anspruch zu nehmen, muss man keinerlei Voraussetzungen erfüllen und nicht in der Lage sein, Ziele zu erreichen (man muss zum Beispiel nicht therapiefähig, besserungs- oder veränderungsfähig sein oder werden). Seelsorgliche Zuwendung wird gewährt, ohne dass diejenigen, die sie in Anspruch nehmen, Vorbedingungen erfüllen müssen. Sie ist nicht zielgebunden, also in diesem Sinne ziellos – aber nicht grundlos; sie ist im christlichen Glauben begründet.“ So bringt es die Professorin für Praktische Theologie, Kerstin Lammer, treffend auf den Punkt. (Menschen stärken. Seelsorge in der evangelischen Kirche, 2015)

Doch gerade wegen dieser Offenheit in der Begegnung kann Seelsorge helfen. Sie muss zwar kein Therapieziel verfolgen, kann aber heilsam wirken. Und wo die anderen Dienste einer Klinik oft keine Zeit haben, möchte Seelsorge sich Zeit nehmen für menschliche Anliegen.

Spezialisierung

Analog arbeitet – in der Regel – die katholische Seelsorge. In beiden Kirchen sind pastoralpsychologische Aus- und Fortbildungen in der Klinikseelsorge obligatorisch. Darüber hinaus erfordert die fortschreitende Spezialisierung in der Medizin auch spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten in der Klinikseelsorge. Beispiele wären die Seelsorge auf Palliativstationen, Begleitung von Eltern von frühverstorbenen Kindern („Schmetterlingskinder“), Kriseninter­vention und Notfallseelsorge im klinischen Umfeld, ethische Fragestellungen am Lebensende. Kooperationen mit andern helfenden Berufsgruppen wie den Sozialdiensten, Psychologie und Psychoonkologie gehören ebenfalls dazu.

Ökumenische Zusammenarbeit und Ehrenamt

Die evangelisch – katholische Zusammenarbeit ist in der Krankenhaus-Seelsorge besonders wichtig. Sie steht bei beiden Kirchen im Dienstprogramm. Die Zusammenarbeit im ökumenischen Team in der Pasinger Klinik ist ausgezeichnet (vier Hauptamtliche auf gut 2,5 Stellen, inklusive 2,5 Wochenstunden Sekretariat), das Miteinander ist herzlich. Dazu gehören besonders auch die Ehrenamtlichen, derzeit vier Frauen und ein Mann. Eine Freude und ein Segen! Drei davon sind evangelisch. Zwei leben in der Gemeinde der Himmelfahrtskirche. Ehrenamtliche Klinikseelsorger haben mindestens eine halbjährliche, auf ihre eigene Person bezogene Ausbildung absolviert und sie werden während ihrer Tätigkeit in der Klinik intensiv weiterbegleitet und fortgebildet.

Der Klinikbesuchsdienst ist im ganzen Team nach Stationen aufgeteilt. Ehrenamtliche besuchen – wenn sie können – einmal wöchentlich „ihre“ Station. Besucht wird ökumenisch, das ist seit vielen Jahren in der Klinikseelsorge so Usus und kommt auch bei kirchlich distanzierten Menschen oft gut an. Die gegenseitige Vermittlung eines Wunsches um evangelische oder katholische Seelsorge funktioniert sehr gut. Nur – beispielsweise – evangelische Christen zu besuchen, klappt aber kaum mehr, schon aufgrund der marginalen Patientenlisten und Datenschutzauflagen. Wir treffen auch immer wieder auf Menschen, die in keiner Kirche (mehr) sind oder einer anderen Religion angehören. Wenn wir Menschen bei unserer Runde über die Station nicht sowieso antreffen – der beste Weg mit der Klinikseelsorge in Kontakt zu kommen, ist kurz am Empfang Bescheid zu sagen. Die Seelsorgenden können ja nicht wissen, wenn jemand Besuch wünscht.

Dass man (fast) alle Patient/innen besuchen kann, ist im Klinikum Pasing vor Weihnachten und vor Ostern nur durch das gemeinsame Engagement des ganzen Teams bei der Verteilung von Patientenbriefen möglich. Ohne ein verlässliches Team kann man, bei den wenigen hauptamtlichen Stellen für Klinikseelsorge, keine Erreichbarkeit für Einsätze auf Anforderung für 24 Stunden an 365 Tagen bewerkstelligen. Denn seel­sorgerliche Einsätze auf Anforderung durch Pflege, Ärzte oder Angehörige haben eine hohe Priorität. Die Hauptamtlichen sind in diesen Einsätzen vor allem auch für schwere Situationen da, häufig wenn ein Menschenleben auf Erden zu Ende geht. An Wochenenden und Feiertagen sind die katholischen Seelsorger/innen der Kliniken von Pasing, Fürstenfeldbruck und Gauting abwechselnd rufbereit – immer ein Seelsorger für alle Häuser. Als evangelischer Krankenhauspfarrer arbeite ich, Claus Fiedler, auch in diesem gut funktionierenden Verbund mit.

Gottesdienst

Zwei Mal im Jahr laden wir Angehörige zu Gedenkgottesdiensten für die Verstorbenen der Klinik persönlich per Post in die Klinikkapelle St. Joseph ein und zünden dort Kerzen für die Verstorbenen an. Und einmal im Jahr laden wir betroffene Eltern zu einer Gedenkfeier für die „Schmetterlingskinder“ ans Sammelgrab der Klinik auf den Pasinger Friedhof ein.

Evangelische Gottesdienste bieten wir rund um die Festzeiten des Kirchenjahres an. Das Abendgebet „Atem holen“, dienstags um 18 Uhr, in einem ökumenischen Miteinander mit den Besucher/innen – überwiegend von außerhalb – macht viel Freude. Für rein evangelische Andachten ist zu wenig Resonanz – ein bekanntes Phänomen in der Klinikseelsorge. Bei der kurzen Verweildauer sind die Menschen meist zu krank, um das Bett verlassen zu können. Viele haben in der Situation im Krankenhaus auch kein Interesse. Besonders freuen wir uns über alle, die von außerhalb zum „Atem holen“ kommen und mit uns für die Menschen im Krankenhaus beten.

Mit herzlichen Grüßen

[Claus Fiedler, Pfarrer, Tel. (089) 8892-2239, E-Mail: Claus.Fiedler@elkb.de]

 

Kontakt Sollten Sie oder Ihre Angehörigen einmal im Helios Klinikum oder in der Frauenklinik München West behandelt werden müssen, wenn Sie Besuch von der Klinikseelsorge wünschen, in allen Anliegen, aber auch einfach nur zum Plaudern oder zum Kennenlernen: Sagen Sie es dem Pflegepersonal oder dem Empfang oder rufen Sie selbst bei mir an (Haustelefon Helios 2239). Wenn ich nicht im Haus bin, lassen Sie mir von der Mitarbeiterin am Empfang eine Nachricht übermitteln. Ich würde mich freuen, Sie oder Ihre Angehörigen zu besuchen und Sie kennenzulernen.