Ehe für Alle – Dem Segen Raum geben

„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Ob dieses Wort von Martin Luther ist oder nicht, ist umstritten. Seinen Inhalt finde ich in diesen Tagen der ‚Corona-Krise‘ jedoch sehr treffend. Taufen und Trauungen sind zur Zeit der Abfassung des Gemeindebriefs nicht möglich und doch und gerade jetzt möchte ich bei dem geplanten Thema bleiben und Ihnen ein paar Infos zur Trauung gleichgeschlechtlicher Paare geben. Jetzt ist es wichtig, freudige Ereignisse zu planen, eigene Werte zu überprüfen, sich zu klären und sich auszurichten auf das, was einem am Herzen liegt.

Die Landessynode hat am 18.04.2018 in Schwabach nach langer und intensiver Vorarbeit mit großer Mehrheit entschieden, dass öffentliche Segenshandlungen für gleichgeschlechtliche Paare in unserer Kirche ab sofort möglich sind. Im Beschluss heißt es: „Die Landessynode beschließt, dass in der ELKB künftig „Segnungen“ gleichgeschlechtlicher Paare im Gottesdienst neben „Trauungen“ (von heterosexuellen Paaren) und „Gottesdiensten anlässlich einer Eheschließung“ (bei Religionsverschiedenheit) möglich sind. Die individuelle Gewissensentscheidung von Pfarrerinnen und Pfarrern für oder gegen solche Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare im Gottesdienst wird respektiert.“

Dass es zu dieser Handreichung „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat. Handreichung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern“ kam, ist keineswegs selbstverständlich. Denn mit Blick auf die Frage, ob Homosexualität aus christlicher Sicht bejaht werden kann, gibt es in unserer Kirche verschiedene Auffassungen. Das ist ein Zeichen evangelischer Freiheit und Vielfalt.

Der Synodalbeschluss von Schwabach war möglich, weil die unterschiedliche Bewertung der Homosexualität nicht das gemeinsame und alle verbindende Verständnis des Evangeliums betrifft und weil darüber hinaus die Gewissensentscheidung im Blick auf Segnungen homosexueller Paare wechselseitig anerkannt wird. In unserer Kirche haben sowohl Menschen einen Ort, die die Segnungen homosexueller Paare ablehnen, als auch Menschen, die der Segnung dieser Paare in öffentlichen Gottesdiensten zustimmen. Daher ist der Gewissensschutz der Pfarrer/innen bei der Entscheidung berücksichtigt. Wenn ein Pfarrer/eine Pfarrerin eine Segnung nicht übernehmen will, wird auf eine andere Gemeinde verwiesen, in der es möglich ist.

Aus der Sicht der Arbeitsgruppe wird es in unserer Kirche darauf ankommen, dass sichtbar werden kann, was Paulus am Ende seiner Ausführungen über die Rücksicht der Starken auf die Schwachen im Glauben in Römer 1,14 und 15 schreibt: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre.“ (Römer 15,7).

Seit dem Synodalbeschluss von Schwabach werden in unserer Kirche eine Ordnung für Segnungsgottesdienste, eine Ordnung für die Trauung, eine Ordnung für den Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung und eine Ordnung für die Segnung homosexueller Ehepaare unterschieden. Bei allen Varianten handelt es sich um Segnungen für zwei Menschen, die sich gemeinsam auf einen von Liebe, Verlässlichkeit, Treue, Verantwortung und Fürsorge geprägten Weg machen wollen und dafür um Gottes Beistand, Begleitung und Stärkung bitten – vielleicht auch deshalb, weil sie wissen, dass Beziehungen scheitern können, dass ihr Gelingen immer auch ein Geschenk des Himmels ist und immer wieder durch Vergebungsbereitschaft und gemeinsame Neuanfänge erkämpft und erstritten werden muss.

Die sprachliche Unterscheidung verschiedener Formen von Segnungsgottesdiensten soll unterschiedlich denkenden und glaubenden Menschen unserer Kirche signalisieren, dass bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften unterschiedliche theologische Interpretationen respektiert werden. Daraus folgen unterschiedliche Möglichkeiten der Gestaltung der kirchlichen Segnung eines gleichgeschlechtlichen Paares.

Wenn Sie sich Gottes Segen für Ihre Ehe wünschen, zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Auf der Landessynode im November 2019 in Bamberg wurde auch eine Handreichung zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare vorgestellt, die eine Arbeitsgruppe im Auftrag der Landessynode erstellt hat. In dieser Handreichung sind unter anderem Vorschläge für die Gestaltung eines Segnungsgottesdienstes enthalten. Bei Interesse können Sie die Handreichung kostenfrei über das Gottesdienstinstitut Nürnberg beziehen oder unter www.bayern-evangelisch.de als pdf-Datei herunterladen.

[Pfarrerin Sarah Fischer-Röhrl]

Zum Weiterlesen: https://www.bayernevangelisch.de/downloads/Handreichung_Segnungen_Version_27_November_2019(1).pdf