Jugendarbeit, gute Werke und die Liebe

Junge im Kornfeld
Bildrechte https://pixabay.com 1680142

Mein Einstieg in die Stelle als Jugendreferent der Himmelfahrtskirche war alles andere als normal. Jugendarbeit besteht zu großen Teilen aus Aktionen, Treffen und vor allem gemeinsamen Fahrten und Freizeiten. Genau das konnte aber während meiner ersten Monate nicht stattfinden. So musste ich bis Juli auf meine erste Freizeit warten – bis wir mit den Trainees nach Königsdorf fahren konnten. Seitdem habe ich das Gefühl, hier angekommen zu sein und seitdem weiß ich noch besser, welch lebendige und engagierte Jugend wir hier haben. Wenn ich nach einem Motto für kirchliche Jugendarbeit suchen müsste, könnte ich unter anderem beim Monatsspruch für den Oktober fündig werden:

Lasst uns aufeinander
achthaben und einander
anspornen zur Liebe und zu guten Werken.

Hebräer 10,24

Die Frage nach den guten Werken, die ja nicht nur in der Jugendarbeit, sondern genauso im Alltag eine Rolle spielen, ist gerade aus evangelischer Sicht eine hoch theologische: zu welchem Zweck vollführen wir gute Werke? Was motiviert uns dazu? Martin Luthers Verhältnis zu guten Werken erlebte im Laufe seines Lebens einen radikalen Wandel: er versuchte als Mönch so viele gute Werke zu vollbringen, dass er es sich verdienen würde, nach seinem Tod in den Himmel zu kommen. Er ging dabei davon aus, dass diese guten Werke und schlechte auf der Gegenseite, sündhafte Taten oder Gedanken gegengerechnet würden und er kam zu dem Ergebnis, dass noch so viele gute Werke nicht ausreichen würden, um in dieser Rechnung zu einem positiven Ergebnis zu kommen. Dieses Dilemma ließ ihn verzweifeln, bis er auf den goldenen Gedanken kam: ich muss keine Werke vollbringen, um Gott zu gefallen und in den Himmel zu kommen, sondern ich bin bereits gerechtfertigt, weil Jesus das für mich „erledigt“ hat, indem er für mich am Kreuz gestorben ist. Diese Erkenntnis schenkte Luther und schenkt uns schier unendliche Freiheit: wir müssen nichts. Wir müssen nichts tun, um vor Gott gerechtfertigt zu werden. Luther konkretisierte das in dem Satz: Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.

Doch wenn das so ist, warum spornen wir einander zu guten Werken an? Die Antwort darauf finden wir in Luthers zweitem Halbsatz: Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.

Die Dialektik der Freiheit bedeutet: Dank meiner bereits geschehenen Rechtfertigung bin ich frei; die Freiheit kann ich nutzen, um mich in den Dienst anderer zu stellen. Ich verwirkliche meine eigene Freiheit, indem ich anderen Gutes tue. Und mein Motiv dazu ist die Nächstenliebe. Und so spornen wir mit guten Taten einander an, sowohl zur Nächstenliebe als auch zu guten Werken. In unseren eigenen guten Werken sind wir nämlich immer auch Vorbilder.

Gerade in der Jugendarbeit, in der wir mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, finde ich es wichtig, die frohe Botschaft in Wort und Tat zu verkündigen. Jesus selbst hat sowohl gepredigt als auch durch Handlungen und Zuwendung zu Menschen gezeigt, wie er sich das Reich Gottes vorstellt. Und so erzählen auch wir durch gute Werke den Kindern und Jugendlichen von Gott. Alleine, dass die Ehrenamtlichen den Teilnehmenden solch einzigartige Erlebnisse ermöglichen, sehe ich als solch gute Werke an, dass ich ihnen einfach danken möchte. Denn wo wir einander Gutes tun, da kann Gott nicht fern sein.

[Ihr Korbinian Schmaus]