Die Landessynode: Demokratie – auch in der Kirche

Vor einem Jahr fand die Wahl des neuen Kirchenvorstands statt. Am 2. Adventssonntag wählen nun die stimmberechtigten Mitglieder dieses Gremiums ihrerseits das „Kirchenparlament“ der evangelisch-lutherischen Kirche im Bayern.

Die Mitglieder der Landessynode stammen aus allen Regionen Bayerns, aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, aus allen Altersstufen und Prägungen.

108 gewählte und berufene Kirchenmitglieder sind sechs Jahre lang verantwortlich für wichtige Entscheidungen in kirchlichen Angelegenheiten ­– von der Gesetzgebung über die Finanz- und Stellenplanung bis hin zur Ordnung des kirchlichen Lebens. Und wenn – wie vor acht Jahren – ein neuer Landesbischof gewählt wird, gehört auch dies zu den Aufgaben des evangelischen „Kirchenparlaments“.

89 von 108 Personen werden gewählt.

Das Wahlverfahren ist raffiniert: 89 der 108 Sitze werden durch direkte Wahl bestimmt. Laut Kirchenverfassung müssen 60 der 89 Nichtordinierte, also sogenannte „Laien“, sein. Von den 29 gewählten ordinierten Synodalen müssen außerdem zehn das Amt eines Dekans oder einer Dekanin inne­haben.

In den letzten Jahren wurde diese Quotierung immer wieder in Frage gestellt: So wird beispielsweise kritisiert, dass zwar die Gruppe der Pfarrerinnen und Pfarrer in der Synode gut repräsentiert ist, andere Berufsgruppen wie Diakone und Religionspädagoginnen jedoch nicht. Andererseits wird bemängelt, dass mittlerweile überproportional viele Synodale haupt- oder zumindest ehrenamtlich in der Kirche mitarbeiten und Menschen aus nicht kirchlichen Berufen zunehmend weniger darin präsent sind.

VIPs in der Synode

Die restlichen 19 Mitglieder der Landes­synode werden berufen bzw. von Hochschulen sowie von Jugendvertretern delegiert. 13 davon bestimmt der Landes­kirchenrat gemeinsam mit dem Landes­synodalausschuss, einem Gremium, das die Synode zwischen den Sitzungen vertritt. Hier gibt es keine Vorschriften, wie viele Ordinierte und wie viele Nichtordinierte zu berufen sind. Allerdings sollen mindestens sechs Mitglieder aus dem Bereich der evangelischen Einrichtungen und Dienste berufen werden.

Außerdem hat es Tradition, Personen zur Mitarbeit in der Synode zu gewinnen, die aktiv in Politik und Gesellschaft sind: Markus Söder war bis zu seiner Wahl zum Ministerpräsidenten Mitglied der Landes­synode. Matthias Jena, der Vorsitzende des DGB Bayern wohnt sogar in unserem Prodekanat.

Die drei theologischen Fakultäten in Erlangen-Nürnberg, München und der Augustana-Hochschule Neuendettelsau beschließen und entsenden je einen Vertreter ihrer Hochschule. Der Landessynode gehören außerdem drei Jugendsynodale an, die vom Landesjugendkonvent gewählt werden. Diese hatten früher nur beratende Stimme, mittlerweile sind auch sie stimmberechtigt.

Vier kirchenleitende Organe

Was viele nicht wissen: Der Landesbischof steht nicht allein an der Spitze unserer Kirche. Die bayerische Landeskirche hat insgesamt vier (!) kirchenleitende Organe: Neben dem Bischof ist dies die Landessynode, der bereits genannte Landessynodalausschuss sowie der Landeskirchenrat, dem unter anderem die Regionalbischöfinnen und -bischöfe der sechs Kirchenkreise angehören.

Das verlangt allen Beteiligten ein großes Maß an Kommunikation – und die Fähigkeit zum Kompromiss ab. Das Miteinander wird großgeschrieben!

Kirchenparlament?

Fachleute schütteln oft den Kopf, wenn die Landessynode als „Kirchenparlament“ bezeichnet wird. Denn es gibt Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede.

Wenn es um Aufgaben und Organisation geht, agiert die Synode tatsächlich wie ein weltliches Parlament: Es gibt Vorsitzende und Ausschüsse, es wird ausführlich diskutiert und am Ende abgestimmt.

Allerdings gibt es im „Parlament“ unserer Kirche keine Parteien oder Fraktionen, die gegeneinander Position beziehen. Das aus der Politik bekannte Spannungsverhältnis zwischen Regierung und Opposition fehlt ebenfalls. Minderheiten sollen nicht überstimmt werden, wichtig sind der Dialog und das gemeinsame Ringen um zukunftsweisende Entscheidungen. Ziel ist – soweit möglich – die Erreichung eines umfassenderen Konsenses.

Arbeitskreise statt Fraktionen

Um dabei nicht alles dem völlig freien Spiel persönlicher Standpunkte zu überlassen, haben sich jedoch verschiedene Arbeitskreise etabliert, in denen sich unterschied­liche Grundorientierungen und Prägungen spiegeln. Es sind geschützte Orte der Information, der Diskussion und der Meinungsbildung. Feste Mitgliedschaften gibt es nicht, die Arbeitskreise treffen sich vor allem während der Tagungen zu Besprechungen, das Präsidium räumt hierfür angemessene Zeit ein.

Früher gab es nur zwei Arbeitskreise: Der eher konservative Arbeitskreis „Gemeinde unterwegs“ existiert seit 1971, der Arbeitskreis „Offene Kirche“ orientiert sich am Leitbild unserer Kirche von 1998 und will „offen und deutlich, aufgeschlossen und verlässlich dem Glauben und dem Leben dienen“. Dazwischen hat sich der „3. Arbeitskreis“ etabliert, dem die üblichen Schubladen wie „rechts“ oder „links“, „progressiv oder „konservativ“ zu eng sind.

Gleich im neuen Jahr geht’s los

Der Landesbischof beruft zur ersten Tagung ein und verpflichtet die Synodalen zu ihrem Dienst. Nach dem Verpflichtungsgottesdienst beginnt die konstituierende Tagung: Das Präsidium wird gewählt, der Landessynodalausschuss sowie die Vertreter der Fachausschüsse.

In der sechsjährigen Synodalperiode finden pro Jahr zwei Tagungen statt. Diese sind grundsätzlich öffentlich und beginnen immer an einem Sonntagabend. Die Gemeinden sind gebeten, am Vormittag in den Fürbitten der Beratungen zu gedenken. Der Gebetsvorschlag wird vor jeder Tagung sogar im Amtsblatt abgedruckt: „Herr, wir bitten dich für deine Kirche. Segne alle Männer und Frauen, die auf der bevorstehenden Synode unserer Landeskirche zu beraten und zu beschließen haben. Sei mit ihnen, dass sie ihre Verantwortung im Geist Jesu Christi wahrnehmen und damit deiner Kirche zur Ehre deines Namens dienen.“

[Hans-Martin Köbler]