Bestattung

„Wir alle werden sterben.“ Dieser Satz ist mir bei Trauerfeiern wichtig geworden. Wenn ich diesen Satz im Gebet spreche, merke ich, dass ein Erschrecken durch den Raum geht. Es geht doch um den Verstorbenen und nicht um mich. Ja und nein – ja, es geht um den Verstorbenen, aber auch darum, dass der Tod zu unserem Leben gehört. Der Hospizbegleiter Thomas Schwaiger schreibt: „Aller Voraussicht nach werden wir nicht ermordet werden, nicht gestorben werden. Wir sterben. Todsicher.“

„Wir alle werden sterben. Mach uns im Glauben bereit für unsere letzte Stunde, Gott, und stärke in uns die Zuversicht, dass DU es bist, der unser Leben eines Tages vollenden wird.“ An diese Lebens- und christliche Glaubensweisheit will ich die Anwesenden und mich in der Aussegnungshalle, am Friedhof und in der Kirche erinnern. Denn es hat Folgen für unsere Bestattungskultur, wenn der Tod zu unserem Leben gehören darf. Wenn ein Kind stirbt oder ein junger Mensch durch einen Unfall aus dem Leben gerissen wird, ist oft keine Zeit gewesen über den Tod und das Sterben nachzudenken oder zu sprechen.

Doch wie Schwaiger schreibt, sterben wir aller Voraussicht nach so nicht, sondern viele von uns werden heute alt und es ist ihnen möglich, sich mit den Fragen rund um Tod, Trauer und Bestattung zu befassen und sich vorzubereiten. Tod im Leben wahrzunehmen, das verändert. Ein paar Ideen zum Nachdenken und ins Gespräch zu kommen:

  • Wie soll meine Bestattung sein?
  • Will ich eine Erdbestattung oder eine Feuerbestattung, eine christliche Trauerfeier oder ein anonymes Begräbnis?
  • Will ich in einem Friedwald beigesetzt werden?
  • Wird sich jemand um ein Erdgrab kümmern können oder will ich eine Grabpflege in Auftrag geben?

Die Art der Bestattung hat Folgen für die Trauerfeier. Bei einer Erdbestattung wird der Verstorbene innerhalb von drei Tagen beerdigt, bei einer Einäscherung warten die Angehörigen manchmal bis zu vier Wochen auf die Urne. Es ist möglich, eine Trauerfeier schon vor der Einäscherung zu feiern und die Urne später beizusetzen oder die beiden Feiern ein paar Wochen später miteinander zu verbinden. Es ist möglich, den toten Menschen aufzubahren, damit sich jeder von ihm verabschieden kann und genauso kann man auch entscheiden, dass man den Toten nicht mehr sehen, sondern so in Erinnerung behalten möchte, wie er zu Lebzeiten ausgesehen hat.

Kinder – darf auch für sie der Tod schon zum Leben gehören?
Habe ich Angst davor, meinen Kindern oder Enkeln den Tod zuzumuten?
Dürfen sie mich nur sehen, wenn ich mich zurecht gemacht habe oder auch, wenn mich Zeit und Leiden gezeichnet haben?
Geht es um meine Angst oder wirklich um kindliche Ängste?
Zu Hause sterben – geht das heute noch?
Habe ich eine Patientenverfügung und Vorsorge-Vollmacht?
In welchem Fall von Krankheit werde ich mich in einem Heim versorgen lassen?
Wie stelle ich mir das Abschiednehmen auf dem Friedhof vor?
Möchte ich für den Fall meines Todes den Angehörigen als Wunsch für die Trauerfeier etwas mitgeben, zum Beispiel ein Lied, das mir viel bedeutet, oder eine Bibelstelle?

Menschen am Friedhof weinen und lachen, erinnern sich an Gutes und Schwieriges, das zum Leben des Verstorbenen gehört hat. Im Herzen oder auch laut kann ausgesprochen werden, was fragmentarisch und stückhaft bleibt. Sätze, die nicht mehr gesprochen wurden. Wünsche, die unerfüllt blieben. Dank für alles, was sein durfte in guten und in schlechten Zeiten.

Die christliche Bestattungsfeier als heil­sames Ritual läuft Gefahr, an Bedeutung zu verlieren, wenn der Tod aus dem Leben der Menschen verbannt wird. Der Tod ist Teil unseres menschlichen Lebens. Leere, Tiefe, Hoffnungslosigkeit – all das gehört zum Leben. „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir“, so sprechen wir beim Abendmahl. Aber dabei bleiben wir nicht stehen.

„Und Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit.“ Wir blicken in die Tiefe eines Grabes, in die Leere des Todes und weinen, weil wir es nicht fassen können, und das ist wichtig. Wir können den Tod nicht fassen und das Leben ebenso nicht, Glaube, Hoffnung und Liebe nicht. In dieser Aussichtslosigkeit fängt Ostern an: „Am ersten Tag der Woche sehr früh kamen die Frauen zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer in glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.“ So heißt es im Evangelium nach Lukas im 24. Kapitel.

Mitten im Tod das Leben. Darum geht es, vor allem nach protestantischem Verständnis, für die Angehörigen und Hinterbliebenen. Denn dem Verstorbenen geht es gut, da wo er dann ist, im Himmel, bei Gott. Sein Leben hat Vollendung erfahren. Doch für die, die zurückbleiben, ist es ein Unterschied, wie sie mit ihrer Trauer und dem Tod umgehen.

Es ist ein Unterschied, ob und was für einen Erinnerungs-Ort ich für einen Verstorbenen habe, ein Erdgrab, das ich pflegen kann oder eine Urnenstele, ein Gemeinschaftsgrab, das vom Friedhof bepflanzt wird oder ein Namensschild an einem Baum. Einen Ort, an dem ich mich immer wieder einübe in der Herausfor­derung, den Tod im Leben anzunehmen.

Ich möchte Sie ermutigen, die verschiedenen Formen der Bestattung wahrzunehmen und auf sich wirken zu lassen, darüber nachzudenken und ins Gespräch zu kommen, wie Sie mit Ihrem Tod und dem Tod von Angehörigen umgehen wollen. Ermutigen auch deshalb, weil Sie dabei nicht allein sind. Der Tod eint uns – untereinander und mit Gott.

[Ihre Pfarrerin Sarah Fischer-Röhrl]

Konkrete Hinweise zu Bestattung: 

Literatur: Thomas Schwaiger, Christliches Totenbuch. Meditationen über Ende und Anfang, München, 2005.